Mitte Dezember 2022 hatte ich eine coole Person kennen gelernt. Nennen wir sie Peter. Wir trafen uns auf Brettspiele und hatten viele coole Gespräche. Dabei gab es oberflächliche Themen wie TV-Shows, Science Fiction, LGBTQ-Zeug und Politik. Aber auch tiefgründige Themen wie Politik, LGBTQ-Zeug, Science Fiction und TV-Shows. Wir schickten uns Gegenseitig ellenlange Nachrichten in Text und Stimme. Manchmal waren es fünf riesige Absätze, manchmal fünf lange Minuten. Oft auch mehr von beidem.
In einem unserem Gespräche bewegten wir uns in das Gebiet von HIV und they erwähnte einen Freund, welcher sich «unverschuldet» mit HIV angesteckt hatte. Ich verschob das Gesprächsthema dann darauf, dass ich den Narrativ von «unverschuldet» nicht sehr gut finde. Diese Ansicht empfinde ich als nicht zielführend, da die Schuldfrage bei einer HIV-Diagnose komplett irrelevant ist. Peter meinte dann, wer halt einen schlampigen Lifestyle habe, sei halt selber schuld. Ich verglich das dann mit dem Minirock-Argument von Menschen, die die Schuld in zu sex gekleideten Vergewaltigungsopfern sehen. Their Antwort darauf:
Nichts. Peter hat daraufhin aufgehört in meiner Welt zu existieren. Zuerst fragte ich, ob they wütend sei. Dann ob they okay sei. Dann sagte ich, dass ich mir Sorgen machte. Eine Woche später schrieb ich, dass ich hoffe es gehe them gut und dass ich bereit zum Reden bin, wann immer they sich danach fühle. Es gab niemals ein Lebenszeichen. Auch online war nichts mehr über Peter auffindbar.
Das hat mich nachhaltig beeinflusst. Monatelang habe ich Todesanzeigen nach their Namen durchsucht. Bis heute holt mich die Erinnerung an they immer wieder ein und macht mir Angst, dass Leute mich irgendwann aus dem Nichts scheisse finden und aus ihrem Leben streichen. Bis heute lösen Auseinandersetzungen mit Freunden in mir eine plötzliche Panik aus, wenn sie nicht innert weniger Momente reagieren. Oder wenn sich jemand, den ich mag, einige Tage nicht meldet.
Mein Selbstbewusstsein war noch nie sehr hoch, aber Peters Handlungen (sollte they noch leben) haben mich viele Stufen zurückgetrieben. Zum Glück bin ich umgeben von Freunden, mit denen ich sowas direkt ansprechen kann und welche mir Sicherheit geben.
Long Story short: Mir ist bewusst, dass ich enjor.ch so ghoste, wie Peter mich glostet. Ich entschuldige mich bei diesem (noch) unbelebten System. Wahrscheinlich wird aber mein nächster Blogbeitrag nicht vor dem nächsten Blogeburtstag passieren. Mein digitales Leben findet inzwischen vor allem in meiner Kunst auf pfoffie.art statt.
Happy 17th Geburtstag, Ensor!
Vielen Dank für dein Interesse und bis bald
René
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