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Die Pfoffchenfrage

Ich sag euch, wie ich’s hab mit der Religion. Ich halt mich für ein herzlich guter Mann, doch ich fürcht, ich halt nicht viel davon.religion

Ich war einst total gläubig. Ich glaube das erkennt jeder schnell, der in alten Blogbeiträgen rumstöbert. Die «spirituellen» Beiträge auf meinem Blog sind alle aus meiner nachkatholischen Zeit. Aber ich war auch ein ziemlich «religiöses» Kind. Wenn ich heute darüber nachdenke, war ich das wahrscheinlich vor allem, weil das Religionszeug halt mysteriös war. UFOs, Aliens, Feen, Gnome, Engel, Jesus oder Gott. Das war für mich wohl alles dasselbe. Irgendwas Übernatürliches eben. Meine Religionslehrerin war aber immer sehr angetan von meinem Interesse. Ich wollte sogar mal Pfarrer werden. Meine Eltern sagten aber, dass man dafür Griechisch und Latein können und studieren gehen muss. Das ist wohl das einzige Mal, dass die Einstellung meiner Eltern zur Bildung mir etwas Gutes gebracht hat.

Etwas hat mich aber schon damals immer irritiert: Alle glaubten an Gott, lachten mich aber aus, wenn ich an anderes glaubte oder mir darüber Gedanken machte. Gleichzeitig war Gott auch das am aggressivsten beworbene Wesen. Wir lernten ja sogar in der Schule von ihm. Womöglich fielen mir deshalb die Unstimmigkeiten dort so gut auf. Warum widerspricht sich dieser Gott ständig? Warum kommuniziert ein omniszientes Wesen wissenschaftliche Fakten falsch? Warum gibt es andere Religionen? Würde ein Verbot andere Götter zu anzubeten nicht indirekt deren Existenz bestätigen?

Irgendwann wurde mir klar, dass ich kein Teil dieser Glaubensgemeinschaft sein wollte. Ich konnte nicht an diesen osteuropäischen, nordostafrikanischen Gott glauben, der in meinem Leben so gar nie etwas bewirkt hat.

Und doch war die Abnabelung schwer. Kurz nach dem Entscheid, nicht mehr an den katholischen Gott zu glauben, fühlte ich mich seltsam. Ich hatte fast Angst. Was, wenn ich doch falsch lag? Was, wenn der Zorn Gottes nun auf mich hernieder stürzen würde? Doch nichts geschah. Etwa ein Jahr bevor meine Wiccazeit begann, hatte ich meine erste extreme Atheismusphase. Ich erinnere mich noch an einen Disput mit der Religionslehrerin. Sie befahl mir, ein Foto zu wählen, das für mich das Nachleben darstellt. Ich wollte keines, glaubte ja nicht an sowas. Doch das war keine Option. Es stand ausser Frage, dass dieses Leben nach dem Tod existiert und man versuchte mir dies zu indoktrinieren. Auch hier wieder sehr befremdlich für mich, wie alle diesen Humbug glauben konnten, während sie mich früher auslachten, weil ich an Gespenster glaubte.

Und heute? Nun, da bin ich wieder in einer sehr ungläubigen Phase. Ich bin sehr wissenschaftlich orientiert, glaube nicht mal mehr an den Orang Pendek und nenne mich Atheist oder Agnostiker. Manchmal auch witzvoll Athechrist, um zu zeigen dass man auch als Nichtglaubender den «ethischen Grundsätzen» der Christen folgen kann. Ich glaube ich bin trotz Unglaube ein besserer Christ als viele Gläubige.

Wie bei meinen Gedanken gestern: Es gibt zu viele Optionen als dass ich mir ein wirklich sicheres Bild malen könnte. So viele Religionen behaupten die einzig Richtige zu sein. Egal welche ich wähle, die Chance falsch zu liegen ist immer gleich hoch. Deshalb enthalte ich mich komplett der Stimme.

Es gibt so viele Argumente gegen einen Gott, dennoch möchte ich niemandem seinen Glauben absprechen. Denn ob der Pfoffie wirklich steht, sieht er erst wenn das Licht ausgeht. Der grösste Beweis gegen Gottes Existenz sehe ich in mir selber: Ich bin ziemlich labil und schnell von etwas zu überzeugen. Es bräuchte nur einen einzigen Beweis und ich würde vom Pfoffie zum Pfaulus. Nur ein einziges Zeichen. Ein einziges gutes Argument. Aber es kommt nichts.

Einen gesegneten Dienstag euch allen!

Pfoffie

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