«Das Wetter heute ist das Letzte» – Kurzgeschichte

Wer hätte gedacht, dass sie tatsächlich recht haben.

Letztes Jahr war noch alles ganz normal und niemand hatte vor irgendwas Angst. Zumindest abgesehen von all den schlimmen Ängsten die uns alle ununterbrochen von innen heraus zerfressen, wir aber gekonnt ignorieren. Letztes Jahr war die Welt noch in Ordnung, bis sie es dann vor wenigen Monaten plötzlich nicht mehr war. Alle waren überrascht. Was natürlich wie immer keinen Sinn ergab, wurden wir doch jahrelang davor gewarnt. Sie wussten nicht wann genau es passiert, nur dass es passiert. Obwohl die Sache dann schliesslich sogar ziemlich genau zum ungefähr erwarteten Zeitpunkt stattfand, war die Reaktion der Völker unerwartet harsch. Man hätte meinen können, die Welt ginge unter. Was natürlich sehr ironisch gewesen wäre. Die Antwort der verzweifelten Menschen war ein in der Tat noch niemals da gewesenes, globales Chaos. Panik und Aufstände an jeder Ecke. Diebstahl, Verletzung, Mord und Vergewaltigung wurden zu oft gehörten Worten. Während die Stimmen des Notrufpersonals sich hinter Telefonansagen versteckten, die um Verständnis baten. «Aufgrund des bevorstehenden Weltuntergangs sind unsere Leitungen leider überlastet.» Doch die Sache tatsächlich den Weltuntergang zu nennen war nicht nur beängstigend, sondern auch kompletter Humbug. Lediglich das Herz der Erde hatte aufgehört zu schlagen. Das bedeutete ja nicht den unmittelbaren Untergang unserer Welt. Bevor der Planet auseinanderbrechen und uns alle mit einem Knall in die Nichtexistenz schleuderte, würden noch mindestens vier Monate vergehen. Bis zu diesem Zeitpunkt würden wir alle ganz normal weiterleben können. Wir haben zum Glück von diesem sozialen Zerfall nichts mitgekriegt; wir waren vorbereitet. Als Jim mit der Nachricht des gestorbenen Herzens bei uns ankam, flohen wir sofort in die vorbereiteten Bunker. Jim hielt uns immer darüber auf dem Laufenden, was auf der Welt gerade vor sich ging. Viele fanden das toll, ich hätte es aber nicht unbedingt wissen müssen. In einem Fernseher, welcher Simon in den Schutzraum geschmuggelt hatte, sahen wir letzte Woche, dass sich die Lage in den Städten offenbar wieder beruhigt hatte. Der Untergang war nicht mal mehr ein Thema in den Nachrichten. Leider sahen wir nur wenige Sekunden, da der Empfang nur funktionierte, wenn die Tür nach oben geöffnet war. Jim erzählte uns nachher beinahe ekstatisch, dass genau in jenen Minuten schliesslich das endgültige Datum des Untergangs berechnet worden war. Wir sind nun noch nicht mal zwei Monate im Sicherheitskeller und bereits morgen geht die Welt unter. So viel zum Thema mindestens vier Monate. Bevor mich Jim vor wenigen Minuten in meine Reisekabine einschloss, war mein Blick noch zur grauen Decke gewandert. Susanne hatte in ihrer Kabine einen blauen Himmel mit wunderbaren weissen Wolken gemalt. Ich besitze leider keine künstlerischen Fähigkeiten. Jim fragte, seine Hand unterstützend auf meine Schulter legend, ob alles in Ordnung sei. Ich nickte; natürlich war alles in Ordnung. Wir hatten schliesslich das Privileg, vergleichsweise komfortabel mit dem Existieren aufhören zu dürfen. Dennoch vermisste ich nach so vielen Wochen das Draussen sehr. Ich sagte leise, dass ich mich nur fragte, wie das Wetter oben wohl sei. Jim lächelte und mir wurde warm um’s Herz. Er weiss einfach, wie man die Menschen beruhigt. Schliesslich sagte er: «Egal wie das Wetter ist, es ist das letzte»


Diese Woche habe ich es mal wieder geschafft, eine kleine Geschichte für euch zu schreiben. Wie hat sie euch gefallen? Was haltet ihr davon?

Geplant war, dass ich sie noch etwas ausbaue. Aber dann habe ich mich an meinen Kumpel Giovanni erinnert, der gerne mit mir – bzw. basierend auf einer Kurzgeschichte – einen Film drehen möchte. Ich dachte mir, das könnte die perfekte Geschichte, das perfekte Setting sein. Und das fand er auch! Bereits am Wochenende werden wir mal genaueres planen. Das wär doch supergeil, wenn mein Geschreibse verfilmt würde, oder?

Cheers und ich wünsche euch ein wunderbares Wochenende!

Pfoffie


Kommentare

2 Antworten zu „«Das Wetter heute ist das Letzte» – Kurzgeschichte“

  1. […] Giovanni ist. Meine Arbeit war ja mit dem Schreiben der von Kritikern gefeierten Kurzgeschichte «Das Wetter heute ist das Letzte» eigentlich […]

  2. […] Schon wieder eine Geschichte über einen sinnlosen Bunker. Irgendwie verfolgt mich wohl dieses Thema. Trotzdem finde ich diese Geschichte über die Zombieapokalypse total anders als «Das Wetter morgen ist das Letzte». […]

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