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Sage ich etwas, wenn niemand zuhört?

Eine philosophische Frage zum Stefanstag. Ähnlich dem Geräusch eines fallenden Baums, das niemand hört.

Es gibt Blogbeiträge, die wurden von niemandem gelesen. Keiner einzigen Seele jemals. Selbst ich kann mich nicht mehr an sie erinnern, sie haben somit eigentlich quasi aufgehört zu existieren. Wie zum Beispiel auch dieser eine mysteriöse Blogeintrag an welchen ich jedes Jahr erinnert werde, dessen Bedeutung sich mir aber inzwischen komplett entzieht.

Es ist nicht mal mehr, als wäre er von jemand anderem geschrieben worden. Solche Einträge gibt es viele, insbesondere, weil ich mich in den letzten 10 Jahren extrem verändert habe. Bei denen verstehe ich wenigstens noch, was dieses andere Ich einst ausdrücken wollte. Jener andere Beitrag ist nur noch eine leere Hülse, eine Ruine. Irgendwelche Wörter, die nur grammatikalischen Regeln folgen, sonst aber sinnfrei sind.

Doch selbst dieser Beitrag ist noch immer besser als jene total ungesehenen, total vergessenen. Würde ich sie finden, ergäben sie wohl sogar Sinn, wären womöglich sogar gut und es würde mich traurig machen zu sehen, dass sich keiner dafür interessiert.

Manchmal passiert mir das auch im echten Leben. Vor zwei Wochen schauten Daniel, Saša und ich im Kino «Arrival», danach unterhielten wir uns natürlich darüber. Wie meistens waren sie einer Meinung und fanden meine Ansicht eher blöd. Angekommen bei uns zuhause, hatte ich sie noch irgendwas zu meinem Standpunkt gefragt und davon erzählt, wie ich das fände und so weiter. Dabei entging es mir, dass sie mir keine Sekunde zugehört hatten und einfach von mir weggegangen waren, als existierte ich nicht mal.

Das hat mich schon sehr getroffen und ich habe mich dann da gefragt, warum ich überhaupt Dinge erzähle, auch wenn es niemanden interessiert. Ich weiss, dass ich es für mein Recht halte, dies zu tun. Schliesslich höre ich mir ja auch alle anderen Meinungen und Gedanken immer an. Aber dennoch macht es doch eigentlich keinen Sinn, es zu tun, wenn man bedenkt, dass es eh niemanden berührt.

Existiert eine Information überhaupt, wenn sie nur versandt und nicht empfangen wird?

Macht es überhaupt Sinn als Mensch wie ich die Stimme zu ergreifen, wenn doch das meiste was ich sage im tosenden Nichts untergeht?

Ich veröffentliche diesen Beitrag bewusst erst heute. Geschrieben habe ich ihn nämlich bereits vor zwei Wochen, als ich erkältungskränklich und vom Verhalten meiner Entourage zusätzlich gekränkt nach dem Film im Bett lag und wegen dieser Frage nicht einschlafen konnte. Heute ist Stefanstag, an den meisten Orten ein Feiertag. Es ist auch die Woche zwischen Weihnachten und Neujahr, wo man tendenziell auch gerne Ferien hat. Des Weiteren ist auch noch Anitas Geburtstag, was toll ist und wofür ich ihr natürlich per WhatsApp gratuliert haben werde. Meine typische Leserschaft, Arbeitende und Anita (welche auch in die erste Gruppe gehört), wird wohl also diesen Beitrag nicht sehen. Warum habe ich ihn also überhaupt gemacht?

Ja, genau.

Pfoffie

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