«Berge so dunkel» – Ultrakurzprosa

Gestern habe ich ja schon die erste unvollendete Szene «Der Bär» gepostet. Heute ist die etwas längere Kurzprosa «Berge so dunkel» dran. Ich weiss noch, dass ich während einer Autofahrt die Szenerie beschrieb und natürlich mein eigenes Mystery-Element einbringen musste. Leider erinnere ich mich nicht mehr, wann wir wohin fuhren, obwohl einige Bilder in meinen Gedanken beim Lesen aufblitzen. Interessant, wie die Erinnerungen so spielen.berge

Berge, so dunkel und ohne ein Zeichen von Leben. Sie müssten Bedrohung, Verlassenheit ausstrahlen. Scheinen sie doch eindeutig menschenfeindlich zu sein. Trotzdem bleibt der Eindruck, gleich hinter dem Nächsten Hügel träfe man auf die brummende Zivilisation, die für unsere Zeit so bezeichnend ist. Womöglich waren es einfach die uns stetig entgegen kommenden Fahrzeuge, die diesen Eindruck schürten. Es sollte uns aber lange Zeit kein Zeichen jedweder Zivilisation mehr begegnen.

Je tiefer die Nacht einkehrte, um so weniger konnten wir ausmachen, was sich auf diesen Hügeln befand. Die Vegetation zog dunkle Linien quer über die uns unbekannten Erhöhungen. Wie Weinreben, welche sie nicht waren. Wie punktgenau von einer Intelligenz gepflanzt. Was sie aber natürlich auch nicht waren.

Einer dieser Berge, der höchste, war unser Ziel. Die Spitze. Entlang eines Weges, der immer schmaler wurde. Immer engere Kurven.

Am Abgrund sahen wir die Terrassen der Anderen. Oasen, rund von Menschenhand. In ihnen übertraf die Vegetation die Umgebung. Als ob sie sich daran erinnerten, was sie einst waren. Einige waren noch immer bewirtschaftet, Kartoffeln, Karotten und anderes Gemüse. Die meisten jedoch, vor allem je näher wir unserem Ziel kamen, wurden schon lange wieder von der Wildnis eingenommen. Doch die Pflanzen in diesen kleinen Biotopen unterschieden von den anderen in Ihrer Üppigkeit. Das Wasser sammelte sich wohl an diesen Stellen. Es floss über den schorfen Felsengrund mitten in die natürlichen Trichter, bis sich die ehemaligen Einwohner sich dies zu ihrem Vorteil machten.

Immer höher stiegen wir auf, im steiler die Strassen und noch steiler der Abgrund an unserer Seite. Eine grossartige Aussicht auf das Meer, Inseln und alte, verwitterte Strassen, zerfallene Häuser, würde sich uns bieten, wäre es inzwischen nicht kurz vor 3 Uhr in der früh.

Wir rasten die engen Bergstrassen hoch, als ob sie gar nicht so eng wären, nicht so kurvig. Die Scheinwerfer vor uns suchten. Zeigten uns den Weg nur dann gut, wenn er von Leitplanken gesäumt war, meistens aber schlecht, wenn das einzige, was eine Kurve anzeigte, die schwärze eines Abgrundes war.

Ende.


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