Viele Ziele, keine Ziele, alle Ziele, Unterschied?

Gerade eben — vor einer Woche — hatte ich mein Mitarbeitergespräch. Auch gerade eben — Gestern — hatte ich eine Unterhaltung mit Marija. Beides zeigte einen interessanten Aspekt meines Charakters.

In beiden Fällen kam das Thema «Ziele» auf. Marija erzählte mir von ihren Zielen, was sie mit 30 Jahren erreicht haben will und so weiter. In mir kam dabei die Frage auch auf: Was will ich mit 30 erreicht haben? Schliesslich ist das nächstes Jahr. Da muss man doch irgendwas Sinnvolles zu Stande gebracht haben, oder?

Am Ende des Mitarbeitergesprächs ging es darum, Ziele zu definieren. Das sollte doch einfach sein, oder? Schliesslich ist das ja meine Arbeit, da gibt es bestimmt irgendwas einfaches zu definieren, irgendwas zu verbessern, irgendwas zu tun, das noch ob ist? Dennoch schwiegen mein Chef und ich uns erstmal an. Und dann kam mehr oder minder nur «ähm also hmm ja hmm also ja oh hm ja?». Als Witz sagte ich dann, ich irre ziellos umher. Aber eigentlich stimmt das.

Wenn ich mir nämlich Gedanken darüber mache, welche Ziele ich habe, denke ich als erstes: Gar keine. Ich bin so zufrieden wie es ist, da ich tun kann, was ich möchte. Bin von keinem meiner einst angestrebten Ziele finanziell abhängig…

Aber was war denn das gerade? «Einst angestrebte Ziele»? Da gäbe es also doch etwas zu erreichen. Ich wollte einst Sänger werden, dann Autor, dann Maler, dann Schauspieler, dann wieder Autor, dann Programmierer. Letzteres habe ich ja irgendwie zustande gebracht. Aber was ist mit diesen anderen Wünschen?

Ich sagte Marija mein Hauptproblem wäre, dass ich zu viele Ziele hätte. Zu viele verschiedene Pfade beschreite. Heute habe ich auch noch mit Urs darüber gesprochen und er meinte (lose zitiert): Viele erfolgreiche Persönlichkeiten haben einen Stil, den sie immer und immer wieder Wiederholen und darin immer besser werden. Jackson Pollock, Stephen King, Jony Ive, David Lynch und noch so viele andere. Generalisten machen viel Verschiedenes aber nichts davon wirklich gut.

fokus

Müsste ich mich also wirklich auf eine Sache fokussieren? Einen dieser Punkte auswählen, ihn auf eine einzige Art ausführen und das immer und immer wieder tun? Kann ich mir vorstellen, ewig dieselbe Leier zu singen? Dasselbe Bild zu malen? Dasselbe Buch zu schreiben? Nein. Bedeutet das, dass ich keinen Ehrgeiz habe und erfolglos sterben werde? Oder bedeutet es, dass ich tun kann, was ich will, mich niemals langweilen muss, niemandem etwas schuldig bin und fröhlich sterben werde? Lasst uns Letzteres hoffen, denn dieses schliesst 15 Minuten Ruhm nicht aus.

Auf der anderen Seite habe ich es ja eigentlich doch geschafft, mich auf etwas zu fokussieren: Schliesslich bin ich ein ausgewachsener Web-Entwickler, der seine Sache offenbar nicht ganz so schlecht macht. Juhu!

Und auf der anderen, anderen Seite darf ich mich sowieso nicht beklagen: Ich male Bilder für Geburtstage (und die Beschenkten scheinen sich zu freuen), singe auf Hochzeiten (wenn auch nur auf meiner eigenen haha), habe ein (meines bescheidenen Erachtens) gutes Buch geschrieben (auf dem leider nicht mein Name steht) und erhalte alle paar Monate sogar Geld für einen Artikel der in einer Zeitschrift gedruckt wird.

Gute Ziele, sind solche, die man nicht erreichen kann. Das gilt zumindest für mich. Für Marija aber nicht, aber ich bin überzeugt davon, dass sie ihre Ziele erreichen wird. Wieder andere haben gar keine Ziele und leben einfach so vor sich hin. Hauptsache es gibt immer etwas zu tun. Ob vor, mit oder nach 30 ist in allen Fällen total egal.

Frohes Wochenende,
Pfoffie


Kommentare

Eine Antwort zu „Viele Ziele, keine Ziele, alle Ziele, Unterschied?“

  1. Mir gehts mit bald 45 immer noch genau gleich…ich (auch) gehöre zu der „Spezies“, die (hoffentlich) glücklich sterben wird.
    Manchmal etwas „unfassbar“ und „kurvig“, aber auf jeden Fall ebenfalls unabhängig, „UN-schuldig“, zufrieden und „erfolglos“…..
    Mir gefällts 🙂

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