Archaisches der Zukunft

Gerade wurde mir klar, dass unser aktuelles, normales Verhalten in der Zukunft irgendwann als archaisch empfunden werden wird.obsolet

Wir Menschen haben die wunderbar egozentrische Eigenschaft, stets zu denken, wir seien am höchsten Punkt angelangt. Ich bin mir sicher, dass es dafür sogar irgendeine wissenschaftliche Bezeichnung gibt. Das ist nicht nur bei der individuellen Einzelperson so, die stets denkt «sich nie mehr zu verändern» und beim zurückschauen aber immer wieder erkennen muss, es doch getan zu haben. Ebenso gilt genau dies auch für unsere Spezies. Wir gehen zwar davon aus, dass sich die Technologien weiterentwickeln aber nicht unbedingt «verändern» werden. Gleichzeitig denken wir auch nie daran, wie wir uns im Verhalten verändern werden.

Dieser Gedanke kam mir aus zwei Gründen:

Einerseits schaue ich gerade die SyFy Miniserie Ascension in welcher die Besatzung eines Raumschiffes quasi in den 60ern gefangen ist. Ich finde die Serie macht das mit dieser «Veränderung» schon ganz gut. Das ist aber auch zu hoffen, da es sich dabei um ein zentrales Schlüsselthema handelt. Auch ist es vermutlich einfacher für Menschen aus den 60ern eine alternative Zukunft zu erfinden als für Menschen von 2016.

Der andere Grund für meine Gedanken über das Archaische der Zukunft war der Conducteur im Zug. Es ist für mich so normal, mein Abo oder Ticket dem Schaffner zu zeigen, dass ich mir darüber eigentlich nie Gedanken mache. Heute kam es mir aber plötzlich unglaublich altmodisch vor und ich frage mich, ob es überhaupt eine noch mittelalterlichere Methode gäbe. Ein Mensch wandert in einem Zug umher und lässt sich physische Nutzungsberechtigungen zeigen. Das klingt nicht nur unwirtschaftlich sondern auch ziemlich fehleranfällig. Aber wie gesagt, eigentlich stört mich das gar nicht. Vielleicht hatte ich aber wie bei den E-Books eine Offenbarung.

In Städten mit einer Metro sieht man schon lange Alternativen. Eine automatische Schranke lässt einen gar nicht erst in den Bahnhof rein und beim Verlassen wird einem die Distanz in Rechnung gestellt. Das klingt doch schon viel moderner. Aber – eigentlich auch nicht. Dann für mich klingt alles «moderner», wenn es weniger Menschen braucht. Automatisieren ist der aktuelle Zeitgeist. Die grosse Chance für die Wirtschaft und gleichzeitig die grosse Bedrohung für den Wohlstand des Einzelnen.

Ich schaffe es kaum, aus diesem Gedankengut auszubrechen und mir etwas exotisches, neues auszudenken. Ich stelle mir selbstfahrende Autos und irgendwelche Roboter vor. Auch stelle ich mir erwiesenermassen neue Sprachen und papierdünne Computer vor, Kuppeln um die Erde, halbtechnologische Pflanzen und Pilze. Konzepte gibt es viele, aber wirkliche Vielfalt fehlt ihnen. Alles dreht sich immer um das jetzt und baut darauf auf. Womöglich hat aber der Chef von Sony recht, wenn er sagt, die Smartphones seien am Ende. Wahrscheinlich steht tatsächlich das «nächste grosse Ding» vor der Tür und käme es morgen, wären wir total aus dem Häuschen. Aber wenn es dann in zwei  oder so Jahren wirklich kommt, wird es sich wie die Smartphones vor bald 10 Jahren als der natürliche Schritt anfühlen. Und was werden wir dann denken?

«Oh mein Gott, diese Smartphones waren schon huere archaisch!»

Cheers,
Pfoffie


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