Der Geist in der Maschine

Mein Bruder hatte mir ja vom englischen Friedhof erzählt. Aber dahinter steckt mehr als nur das. Dies ist quasi die Vorgeschichte zu gestern. Und: Die Geschichte endet nicht mit «Du hast das auch gesehen, oder?» halloween4

Es war viele Jahre bevor ich mit Caroline den Geisterfriedhof besuchen würde. Es musste aber nach dem Jahr 2002 sein. Ich hatte Internet, kannte (dank Blair Witch 2) das Wort «Wicca» und hatte wohl gerade «The Ring» gesehen. In meiner Freizeit beschäftigte ich mich bereits mit Runen und Hexenzeug.

Eines Montagmorgens um etwa 3 Uhr platzt mein Bruder in mein Zimmer und weckt mich. «Ich habe etwas gemacht, dass dir auch gefallen würde!», erzählte er aufgeregt. Ich war wohl nicht ganz so aufgeregt, womöglich sogar ein bisschen genervt. Schliesslich hatte ich geschlafen und musste am nächsten Morgen zur Schule. Wenn ich so zurückdenke, finde ich es übrigens mega herzig, dass er mir das so gern unbedingt erzählen wollte! Er berichtete also vom Geisterfriedhof in Meggen, von Grablichtern, die auf einmal angingen und so weiter. Alles was ich dazu sagte war ein harsches: «Wehe du hast einen Geist mit nach Hause gebracht!»

Am nächsten Morgen weckte mich wie immer mein Radio. Die Lautstärke konnte von 0 bis 30 eingestellt werden. Der Weckton hatte etwa die Stärke 10 – das genügte. Beim Anziehen fiel mir auf, dass das Volume ganz langsam anstieg. Auf dem Display stand zunächst 10, dann plötzlich 11, dann 12. Ich dachte es sei mein Bruder, der mich mit der Fernbedienung reinlegte. Doch diese lag ohne Batterien neben der Stereoanlage. Ich rief nach meiner Mutter und sie bestätigte, dass sie es auch sah. Natürlich dachte sie, ich wolle sie reinlegen. Schliesslich tat ich es als elektronisches Phänomen oder als eine Psi-Fähigkeit ab.

Es war Montag, also Akte-X-Zeit! Ich freute mich schon den ganzen Tag darauf. Doch noch bevor es 20:15 werden konnte, übermannte mich eine seltsame Müdigkeit und ich schlief fast ein. Doch noch bevor ich wirklich weg war, hörte ich einen extrem lauten aber weit entfernten Schrei und ein Blitz vor meinen Augen liess mich aufschrecken. Dies verängstigte mich total. Ob ich dann noch Akte X schaute, weiss ich nicht mehr – es war Season 9 also eh nicht «so wichtig». Aber ich kann mich erinnern, kaum geschlafen und ganz schlecht geträumt zu haben.

An den Dienstag kann ich mich leider kaum erinnern. Natürlich machte der Radio am Morgen wieder dieselben Kapriolen wie schon am Montag. Was sonst an dem Tag war, weiss ich aber nicht mehr. Womöglich geschah auch nichts. Ich schlief jedoch wieder unglaublich schlecht um am Mittwochmorgen weckte mich der Radio gleich mit Lautstärke 30. Was mich bis ins Mark erschreckte. Wirklich schlimm wurde es aber erst am Nachmittag.

In dieser Zeit hatte ich Kohlezeichnen entdeckt und verbrannte oft Holzstäbchen meines Vaters um dann mit der Kohle irgendwelche seltsamen Dinge zu malen. Eine dieser Zeichnungen zeigte das «Logo» vom Ring-Film.

Ring-Bild
Das von mir gezeichnete Ring-Bild. Gefunden in einer alten Videoaufnahme 🙂

Als ich an jenem Mittwochmittag nach Hause kam – ich hatte Schulfrei am Nachmittag – war ich allein. Mein Bruder war wahrscheinlich arbeiten oder mit Freunden weg. Mein Vater war ganz bestimmt arbeiten und meine Mutter war womöglich einkaufen oder hatte sich mit Freundinnen getroffen. Ich wusste ich würde den ganzen Nachmittag allein sein und freute mich auf einen Nachmittag Computerzeit ohne störende Familienmitglieder. Als ich dann das Wohnzimmer betrat, sah ich etwas Unglaubliches: Das Ring-Bild, gezeichnet auf normalem, dünnen A4-Papier, stand auf dem Tisch. Es stand auf seiner Längsseite, auf der Kante und fiel gerade um. So als ob ein Windstoss es umgeblasen hätte.

Voller Angst ging ich in mein Zimmer, ich traute mich nicht ins Wohnzimmer. Im Zimmer lag aber mitten am Boden eine Posterflagge mit einer Anime-Figur drauf am Boden. Sie war spiralförmig in der Mitte leicht zusammengedreht, was aber nicht mal das Schlimmste war. Ich hatte die Flagge vor einigen Jahren in den Ferien am Gardasee gekauft und etwa ein Jahr zuvor von der Wand entfernt und in meinen Schrank gestopft. Nun war ich mir sicher, dass hier ein Geist mit mir seinen Schabernack treibt und wusste nicht, was ich tun soll.

Irgendwie nahm ich all meinen Mut zusammen und setzte mich an den Computer. Obwohl ich angst hatte, dass mich irgendwas von hinten angreifen würde, suchte ich im Internet nach einer Lösung. Irgendeine Website sagte mir dann, ich solle Salbei verräuchern und den Geist direkt ansprechen. Man könne ihn nicht einfach austreiben, sondern müsse ihm eine Auswahl lassen. So wanderte ich also in der Wohnung umher, vor mir brennender Salbei und die Worte «Verschwinde oder zeige dich» sprechen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie viel angst mir die Vorstellung machte, der Geist würde «Option 2» wählen.

Plötzlich verschwand all meine Angst und ich war mir sicher, dass der Geist nun verschwunden war. Und offenbar war er das auch: Das Radio machte keine seltsamen Dinge mehr, ich schlief wieder ganz normal und es passierten auch keine anderen unheimlichen Dinge mehr.


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