Mein Gehirn ist bereit für Kinder

Am Samstag hatten wir im Zug unglaublich nervige Begleiter: Zwei Früh- oder Fastteenager-Grosskinder. Die sassen da mit ihren Grosseltern und plapperten Schwachsinn von Zürich bis Luzern. Ich konnte ausser Kopf schütteln nur eines: Mich tierisch aufregen. Das war seltsam, denn:

Eigentlich machen mir Kinder seit Kurzem gar nichts mehr aus. War ich noch vor einem Jahr einer, der sich über schreiende Babys nervte, habe ich jetzt mit ihnen Mitleid. Ich denke nicht mehr «Meine Güte, die haben ihr Kind ja aber auch gar nicht im Griff», sondern «Wow die armen Eltern, die sich nicht nur um ein schreiendes Baby kümmern, sondern auch die genervten Blicke ihrer Umgebung ertragen müssen». Hätte man mir noch vor drei Jahren gesagt, dass ich Babys mal megahärzig finde, hätte ich gelacht und gesagt: «Ja, ich will ja schon Kinder. Aber soooo härzig sind die jetzt auch wieder nicht. Eigentlich sind sie sogar eher gruuuusig!» Inzwischen habe ich aber sogar die Windeln von Carolines Baby gewechselt und fand nicht mal das eklig. (Laut Caroline hatte der kleine aber auch grad einen guten Tag)

Vor ein paar Monaten hat mir ein Freund erzählt, sein Vater fände ich könne gut mit Kindern umgehen. Sein Vater hat mich nur ein einziges Mal gesehen – und da waren weit und breit keine Kinder dabei. Ich lachte – natürlich, weil ich ja immer lache haha – und sagte: «Eigentlich habe ich eher angst vor Kindern. Die sind immer so judging und ehrlich und fies und mögen mich nicht. Und ich befürchte auch, dass ich deren Ansprüchen gar nicht gerecht werden kann.» Kurz darauf fand ich mich aber wieder, wie ich mit der Tochter einer Bekannten spielte. Sie ist etwa vier (nicht die Bekannte). Wir spielten Versteckis, Fangis, kletterten rum und backten Kuchen aus Sand. Beim Zurückgehen sagte eine Mutter, dass es total härzig sei, wie ich mit meiner Tochter spiele. Ich erklärte natürlich, dass sie gar nicht meine Tochter ist. Die Frau lachte und sagte, dass die Kleine das aber allen erzählt hätte. Kinder sind sooo mega härzig und ich will mir einreden, dass das ein Kompliment war. Inzwischen bin ich anscheinend ihr bester Freund, obwohl wir uns schon lange nicht mehr gesehen habe. Soooo meggaaahäääärrtzziiiiiiggg.

So viel zu den Gefühlen. Trotzdem bin ich aus sehr vielen Gründen noch nicht bereit für Kinder. Uns fehlt das Geld, die Ordnung, die Zeit und ganz viele andere Dinge. Alles Sachen, die entweder materieller Natur sind oder um die sogenannten «Softskills». Auf der anderen Seite habe ich aber auch schon dutzende Paare mit Kindern gesehen, die weder Geld, noch Ordnung, noch Zeit, noch Softskills und trotzdem Kinder hatten. Aber ich will ja auch nicht einfach ein Kind für mich, sondern auch für das Kind. Ich glaube, ich hätte viel zu geben… Solange ich mein Kind aber tatsächlich noch «Imogen Nofretete Bernadette Dorette Calliope Iphygenia Claudia Marija Eniloraque Miriam Kaufmann Wobei Kaufmann Und Alle Darauf Folgenden Worte Ein Teil Des Vornamens Sind» oder «Crescentia» nennen möchte, sollte ich wohl sowieso keines haben.

Abgesehen von alledem steht das Kinderkriegen bei uns ja sowieso unter einem schlechten Stern. Selber eins machen ist nicht möglich. Adoptieren nur komisch erlaubt und kaum akzeptiert. Ich möchte auch nicht ein Kind in ein soziales Umfeld hineinadoptieren, wo es dann wegen seiner Eltern gehänselt wird und sich schämen muss. Natürlich möchte ich, dass sich mein Kind für mich schämt – aber ich möchte es gerne selbst in der Hand haben, was diese Dinge sind 🙂 Selbst wenn wir kein «Paar alternativen Lebensstils» wären, müssten wir wohl trotzdem mindestens fünf Jahre verheiratet sein um zu adoptieren. Das wäre dann ungefähr 2020. Da bin ich 34 Jahre alt. Ich fürchte mich so sehr davor, dann schon zu alt für Kinder zu sein.

Ach. Womöglich werde ich ja mal Götti oder spiele einfach mein Leben lang mit den Kindern von anderen. Ich könnte auf Spielplätzen rumlungern… Obwohl… Das sendet wohl die falschen Signale! Besser einfach mit den Kindern meiner Freunde spielen und vielleicht darf ich ihnen ja auch irgendwann mal etwas beibringen. Das wäre schön. Meine Freunde mit Kindern werden mir bestimmt alle einhellig bestätigen, dass ich froh sein soll, die Balge irgendwann wieder abgeben zu können. Aber ich wäre so gerne nicht froh darüber. 🙂

Zurück aber zu den nervigen Kindern im Zug. Obwohl sie mich SO TIERISCH genervt haben (ich denke zwar, dass mir eher die Grosseltern auf den Wecker gingen), überlegte ich mir, wie ich damit umgehen würde, wären es meine Kinder. Würde ich sie zum Stillsein ermahnen? Würde ich mit ihnen rumalbern? Würden SIE mich zum Stillsein ermahnen? Ich glaube ich hätte spass mit den Kindern und es wär mir wahrscheinlich so egal, wenn sich die zwei hippen Spätzwanziger auf dem Viererplatz hinter mir darüber aufregen.

PS: Wer ein Baby zu verschenken hat… 🙂
ichwilleinkind

Ich wünsche euch einen schönen Nachmittag!

Cheerio
Pfoffie


Kommentare

7 Antworten zu „Mein Gehirn ist bereit für Kinder“

  1. Avatar von Bernadette Jossen
    Bernadette Jossen

    Hallo lieber René
    hast aber einen wunderbar schönen text geschrieben! Habe gar nicht gewusst, dass du Lionel schon mal gewicktelt hast?!
    Hat er Dich beim wickeln auch schon angepieselt? Das machen die Buben gerne sobald mann die Windeln weg nimmt!
    Du und Daniel habt mich viel angepieselt, wenn ich nicht daran dachte, und wenn ich dann noch schnell mit der Windeln abdeken konnte, und sagte jetzt hast mich nicht erwischt dann konntet ihr immer sooo lustig lachen!
    Das glaube ich auch, dass Du es mit Kindern gut kannst, Dennis und Vanessa schwärmen und fragen immer nach Dir!
    Aber mach weiter sooo, bin mächtig stolz auf Dich, was Du machst und alles schon erreicht hast BRAVO!
    Liebs Grüessli

    1. Hihi nein, Caroline hat mich schon gut instruiert, damit das nicht passiert 🙂 Vielen Dank. LG

  2. René, einerseits freue ich mich sehr über deinen „Kinder sind härzig“ Beitrag, andererseits stimmt er mich traurig. Es ist eine Schande, dass wir in der CH noch nicht so weit sind, dass auch du und Dani auf legalem und „normalem“ Weg, einem Kind ein schönes zu Hause geben dürft. Ich weiss nämlich, dass es ein adoptiertes Kind bei euch wunderbar hätte, es bekäme so viel Liebe und wäre ein neuer Mittelpunkt in eurem Leben. Das Kind hätte es schöner, als bei manchen hetero-Paaren, da bin ich mir zu 100% sicher. Dass sich die Gesellschaft noch nicht mit dem Gedanken angefreundet hat, dass auch gleichgeschlechtliche Paare Kindern ein schönes zu Hause geben dürfen, stimmt mich daher eher traurig.

    Was ich dir aber noch auf den Weg geben kann: auch ich werde wohl in den nächsten 4-5 Jahre nicht Mama 🙁 was mich auch traurig macht, da auch ich im Kopf eigentlich soweit bin, mein eigenes Kind zu lieben. Das heisst, wir werden vielleicht mit 34/35 zusammen Mama sein 😀

    Müntschi
    Miri

    1. Hooiii Miri! Ja, es geht mir interessantwerweise ähnlich: Ich freue mich, dass ich mich plötzlich bereit für Kinder fühle und gleichzeitig bin ich traurig, weil es so viele unbeantwortbare Fragen aufwirft. Ich weiss nicht, ob wir perfekte Eltern wären – wahrscheinlich nicht – aber wer ist das schon?

      Ach ich freue mich nun darauf, mit dir zusammen eine alte Mutter zu werden 😀

  3. […] über meine diktatorische Antiwerbungs-Idee schreiben. Aber gewisse Gespräche, die mein gestriger Post (und ein Artikel im Zofinger Tagblatt) ausgelöst haben, haben mich dazu verleitet, lieber noch […]

  4. […] habe von ihr schon mal berichtet und euch erzählt, wie ich mit ihr gespielt habe. Sie kennt mich wirklich gut und fragt anscheinend […]

  5. Avatar von Lilith ;)
    Lilith 😉

    You know my point 😉

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